Italiens BürgermeisterInnen gegen die Schließung der Grenzen

#Städte #Widerstand #ziviler_Ungehorsam #Salvini-Dekret #Migration

10. Januar 2019

 

Sollen die Kommunen einspringen, wenn der Staat seiner Verantwortung nicht gerecht wird?“, wundert sich Filippo Furri in der 81. Ausgabe der Zeitschrift Vacarme (Herbst 2017). Die Antwort lautet: „Ja!“ Um dies zu verdeutlichen, führt Furri die Bewegung der „Städte der Zuflucht“ an und nennt Venedig als Beispiel. Eine Bewegung, die weiter expandiert und sich strukturiert.

Cristina Del Biaggio

Heute haben sich Städte in Europa und anderswo der Bewegung angeschlossen. Das Netzwerk des städtischen Widerstandes der „Sanctuary Cities“ wurde während eines Treffens mit der Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, im Juni 2017 ins Leben gerufen. Das Netzwerk der „Städte ohne Angst“, der Fearless Cities, zählt heute um die hundert Mitglieder auf der ganzen Welt.

Der Schließung der Grenzen auf nationaler Ebene widersetzt sich die Öffnung auf lokaler Ebene.

Seit Januar 2019 bilden Gemeinden in Italien gegen das im September 2018 verabschiedete Gesetzesdekret „Sicherheit und Migration“ eine einheitliche Front. Jeden Tag erscheinen neue Punkte auf den Karten: Städte und Dörfer, die die Aufnahme von Flüchtlingen befürworten. Punkte, die sich nach und nach zu Netzwerken zusammenschließen, die gegen Populismus und Xenophobie ankämpfen.

Bis heute haben rund hundert BürgermeisterInnen beschlossen, die Gesetze der Koalition der „Liga Nord + Fünf-Sterne-Bewegung“ abzulehnen. Die ersten, die ihre Stimme erhoben haben, waren Leoluca Orlando, Bürgermeister von Palermo, und Luigi de Magistris, Bürgermeister von Neapel. Orlando kündigte die Aussetzung des Dekrets und dessen Nichtanwendung in Palermo an. Er hat verordnet, dass seine Kommune weiterhin Personen in das Zivilstandsregister aufnimmt, die aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben. Gerade diese Schutzmaßnahme wird durch das Gesetzesdekret aufgehoben.

Orlando und Magistris haben eine stets wachsende Truppe von „unbeugsamen“ Gemeinden in ihren Bann gezogen: von Reggio Calabria nach Padua über Florenz lehnen BürgermeisterInnen das Diktat der Regierung ab. In einem Akt zivilen Ungehorsams wenden sämtliche Stadt- und Gemeinderäte das Gesetz einfach nicht an, andere werden es auf gesetzlicher und gerichtlicher Ebene anfechten.

Diese Karte lässt ihre Stimmen erklingen - Stimmen, die sich für Aufnahme, Gerechtigkeit und Offenheit laut machen. Eine Melodie, die hoffentlich andere BürgermeisterInnen ermutigt, sich dem Chor der Unbeugsamen anzuschließen.

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